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Gedenktafel an der Pfarrkirche in Sydow eingeweiht

Der Lindwurm unter dem Linsberg - Ausflug ins Sydower Hochland

 

Zum Gedenken an die in Sydow verstorbenen deutschen Einwohner wurde kürzlich auf der Nordseite der dortigen unter Denkmalschutz stehenden Fachwerkkirche eine Gedenktafel eingeweiht.

Eine Gruppe von 22 Sydowerinnen und Sydowern, die älteste unter ihnen 91 Jahre alt, reisten dazu mit einem Bus aus Dortmund über Hannover an und verbrachte 3 Tage in ihrer Heimat. Übernachtet wurde im Hotel Podewils in Krangen.

Am Montag, den 25. September 2000 um 17.00 Uhr hielt der katholische polnische Ortsgeistliche Wies?aw Koc in der alten Sydower Fachwerkkirche anläßlich der Enthüllung der Gedenktafel für die verstorbenen ehemaligen deutschen Einwohner von Sydow einen Gottesdienst. Pfarrer Koc begrüßte alle Gottesdienstbesucher, ganz besonders die deutschen Gäste und ehemaligen Einwohner des Ortes und hieß sie als Christen, als Schwestern und Brüder, in der Sydower Pfarrkirche herzlich willkommen. Der Leitgedanke des Zusammentreffens, so betonte Pfarrer Koc, steht eng im Zusammenhang mit der Inschrift auf der Gedenktafel "Vor Gott sind wir alle gleich". Dieser Gedanke sollte das Gebet aller derjenigen begleiten, die jetzt am Gottendienst teilnahmen. Er hielt dann seine Predigt in Anlehnung an das Johannes-Evangelium Kap. 14,2-6: "Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen und ich werde eine für euch bereitmachen..." Während des Gottesdienstes wurde für die ehemaligen deutschen Einwohner von Sydow gebetet. Als Übersetzer stand Dariusz Kalinowski aus Pollnow zur Verfügung. Etwa noch einmal 20 polnische Gottesdienstbesucher, meist Frauen und Kinder waren gekommen.

Nach einem Gebet für die Toten der Kriege und der Gewalt sang man gemeinsam, jeder in seiner Sprache, das Lied "Großer Gott, wir loben Dich" und betete ebenfalls in Deutsch und polnisch das "Vaterunser". Die Gottesdienstbesucher begaben sich daraufhin nach draußen zu einer anschließenden Andacht. An der nördlichen Kirchenmauer war dort auf Initiative von Heinz und Erika Schudak, geb. Ristow bereits am 16. August 2000 eine 80 x 60 cm große Gedenktafel aus dunklem Granit angebracht worden mit folgender goldfarbener Inschrift: "Vor Gott sind alle Menschen gleich. Zum Gedenken an die Verstorbenen des Kirchspiels Sydow". Gestiftet wurde die Tafel von 50 ehemaligen Sydowerinnen und Sydowern, hergestellt wurde sie vom Bublitzer Steinmetz Miroslaw Czarnota. Diese Tafel wurde nun offiziell eingeweiht, es folgte ein weiteres Gebet für die Toten und der Segen. Als die Sydower dann vom Pfarrer aufgefordert wurden, noch ein deutsches Lied zu singen, stimmten sie spontan das Pommernlied an und beendeten damit die würdige Feier. Besonders begeistert waren alle vom Blumenschmuck unterhalb der Gedenktafel, für den die Mutter des Pfarrers gesorgt hatte.

Vor der Kirche, auf ihrer Nordseite, steht auch heute noch der große Findling, der einst in den 20er Jahren des 20. Jh. als Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs diente. Die Inschrift damals lautete: "Unseren Gefallenen Helden 1914-1918". Ersetzt wurde diese durch eine polnische Inschrift, noch aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, welche an die Zeiten des "Hitlerfaschismus" erinnert. Nachdem sich in den letzten Jahren eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den früheren und den heutigen Einwohnern eingestellt hat, wäre eine historisch getreue Wiederherstellung des Kriegerdenkmals bzw. seiner alten Tafel, ebenfalls denkbar. Vielleicht ergreift ein Sydower zusammen mit der heutigen polnischen Kirchengemeinde und dem zuständigen Bürgermeisteramt die Initiative?

Die Sydower unternahmen an den 3 Tagen eine Reihe von Wanderungen in ihrer unmittelbaren Heimat. Einige besuchten die beiden deutschen Friedhöfe, rechts und links der Straße zum Niedersee (zum Elektrizitätswerk hinunter). Besonders interessant war auch ein Ausflug ins Sydower Hochland, zur alten einklassigen "Ausbauschule" bei Wilkenhof, einem Abbau von Sydow, östlich von Breitenberg, nahe dem Ufer des Großen Papenzinsees und unweit der Kreisgrenze zu Rummelsburg gelegen, wo die dortigen Kinder vor dem Krieg vom 6. bis zum 14. Lebensjahr von den Lehrern Patzwald und später Falk unterrichtet wurden. Frau Liedtke, geb. Holzfuß, geboren und aufgewachsen in Kl. Hütte, südlich Arnsberg, führte die Besucher zu dem großen sagenumwobenen Findling auf dem aus Geschiebepackungen bestehenden Linsberg, mit dem zu deutscher Zeit unter staatlichen Schutz gestellten gewaltigen Geschiebeblock. Der Sage nach soll darunter ein Lindwurm hausen. Ein Bauer setzte sich einmal auf einen Baumstamm am Fuße des Linsberges, plötzlich setzte sich dieser in Bewegung, es war der Lindwurm! Das erzählten die hier wohnenden alten Sydower Hochländer. Vor dem Krieg kamen viele Schulklassen auch aus den umgebenden Ortschaften hier her. Die Wanderung ging dann noch zum 17 ha großen Gillersee, der zum Gut Neuhof gehört, unmittelbar südlich der Kreisgrenze und bereits im Kreis Rummelsburg gelegen. Dieser See lieferte dem Gut das Eis für die Kühlung in den heißen Sommertagen. Gefischt wurde früher einmal im Mai/Juni mit Kahn und Zugnetz, ein anderes Mal im Winter durch die Eisdecke hindurch, in die Löcher geschlagen wurden. Es gab kleine Maränen, Aal, Hecht und Barsch.

Alle ehemaligen Sydower waren auch wieder zu Gast bei Hilde Wieliczko, geb. Gustke, der einzigen in Sydow gebürtigen und dort noch wohnhaften Deutschen, die im Oktober ihren 75. Geburtstag feiern konnte. An dieser Stelle soll ausdrücklich die herzliche Gastfreundschaft der Familie Wielicko betont werden, die alle Sydower immer wieder erfahren. Schön wäre es, wenn sich die Sydower noch recht häufig in der alten Heimat treffen könnten. Jetzt gibt es ja endlich auch einen Punkt der Erinnerung an die Vorfahren, den man gemeinsam mit den Kindern und Enkeln ansteuern kann.

Erika und Heinz Schudak, Jürgen Lux


Erstellt von Jürgen Lux. Letzte Aktualisierung: 17.09.2011