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Aus der Geschichte der Stadt Pollnow in Pommern

In der Bronzezeit (um 1200 - 900 v. Chr.) breitete sich ein Volk aus Skandinavien auf dem Pommerschen Höhenrücken aus. Urnenfunde beweisen, daß es damals bereits am östlichen Ufer und Abhang der Varbelower Berge eine Siedlung in Pollnow gab. Die germanischen Stämme verließen den Raum in der Zeit der Völkerwanderung (um 600 - 700 n. Chr.). Pollnow ist eine wendische Gründung. Der Ort lag strategisch günstig an einer Furt über den Fluß Grabow. Etwa Ende des 10. Jh. unterstand der Raum Pollnow als Lehnshoheit dem polnischen König Boleslaw I. (Chobry). Das Land Pollnow war ein Teil des Landes Schlawe, lag an der Westgrenze des Herzogtums Pomerellen und wurde von 1266-1295 von Mestwin II. regiert. Nach dem Tod des letzten pomerellischen Herzogs gelangte Pollnow mit Burg und Stadt, Land und Adel an Herzog Boleslaw von Polen. Dieser unterstellte Pollnow seinem Statthalter Graf Peter Schwenz (Svenzo) von Neuenburg und Tuchel als Lehen.

Als in der 2. Hälfte des 13. Jh. das Gebiet an der Grabow von deutschen Bauern und Handwerkern besiedelt wurde (meist aus Brandenburg), fanden sie die Wendensiedlung Pollnow vor. Die Wenden blieben in ihren Häusern wohnen und gingen wie bisher ihrer Beschäftigung als Fischer, Imker, Viehzüchter, Hopfenanbauer oder Tagelöhner nach. Ihr Wohnplatz wurde von den Deutschen "Schidlitz" genannt. Dieser Name blieb noch bis vor dem 1. Weltkrieg erhalten. Die Schidlitz bildete eine eigene Gemeinde mit einem eigenen Schulzen, die dem Burggericht unterstand und nichts mit der Stadtgerichtsbarkeit, der die Deutschen unterstanden, zu tun hatte. Im Laufe der Jahrhunderte sind die Schidlitzer im deutschen Volkstum aufgegangen, die deutschen Pollnower sind demnach also auch Nachfahren der wendischen Urbevölkerung.

Um 1250 dürfte mit der Christianisierung der Pomoranen im Pollnower Raum auf dem südlich der Stadt gelegenen 156 m hohen "Heiligen Berg" eine Kapelle oder eine kleine Kirche erbaut worden sein, in der sich ein wundertätiges Gnadenbild der Mutter Gottes befand. Mönche haben den im Grabowtal Ansässigen die christliche Lehre vermittelt und die vormals bestehende heidnische Opferstätte zerstört. Nicht viel später wurde eine feste Kirche und ein Kloster erbaut, welches etwa 200 Jahre lang stand und erst nach der Reformation seine Bedeutung verlor. 1385 war der "Heilige Berg" ein bekannter Wallfahrtsort. Noch bis in die 30er und 40er Jahre des 16. Jh. war die Kirche Wallfahrtsort mit überregionaler Bedeutung.

Pollnow wurde erstmals in einer (deutschsprachigen) Urkunde am 13. Juli 1307 genannt. Die Markgrafen Otto, Hermann und Waldemar von Brandenburg versprachen dem Peter von Neuenburg aus dem Geschlechte der Swenzonen, ihn im Besitz seiner Schlösser (Rügenwalde, Schlawe, Pollnow, Tuchel und Neuenburg) zu lassen. Pollnow befand sich übrigens 4 km außerhalb der Ordensgrenze, der Deutsche Ritterorden hatte also in Pollnow keine Hoheitsrechte.

Das Land Pollnow wurde durch deutsche Gefolgsleute der Brandenburger ab Ende des 13. Jh. besiedelt. Zunächst wurde ein "Vestes Haus" (die Pollnower Burg) auf dem Kemkenberg errichtet. Diese Burg wurde bis in das 18. Jh. instand gehalten und verfiel später. 1319 deutsche Stadtgründung. Nach dem Tod des Grafen Peter von Neuenburg (um 1327) kamen die Länder Tuchel und Pollnow an seinen Sohn gleichen Namens, der sie 1353 an den Bischof von Cammin abtrat. Schloß und Stadt Pollnow gehörten nun zu den Tafelgütern des Bistums Cammin. 1436 verpfändete Bischof Siegfried von Cammin Schloß und Land Pollnow an Herzog Bogislaw IX. von Wenden. 1472 vertauschte Herzog Erich II. von Pommern, der Pollnow von Bogislaw IX. erhalten hatte, Schloß, Stadt und Land Pollnow an seinen "Fürstlich Pommerschen Rat Peter von Glasenapp zu Koprieben" gegen 6 andere Dörfer im Rügenwalder Amt. Die Familie von Glasenapp besaß Pollnow bis 1773. Einführung der Reformation im Jahr 1550. Große Brände zerstörten die Stadt in den Jahren 1609, 1656 und 1736. Im Jahre 1613 Bau eines Rathauses auf dem Markt. Lübisches Stadtrecht wurde 1617 eingeführt. Bis 1637 unterstand die Stadt dem pommerschen Herzogshause. 1637-1653 schwedische Besetzung. Danach gehörte die Stadt zu Brandenburg-Preußen.

Nach dem 30-jährigen Krieg wurde das Pollnower Schloß erbaut, es wurde erst 1945 nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen zerstört. 1665 Beginn der Kirchenbucheintragungen in Pollnow. Alle Bücher sind seit 1945 verschollen! 1672 legte Peter von Glasenapp das "Blaue Buch von Pollnow" an, heute die wichtigste geschichtliche Quelle für die Stadt. 1746 wurden die Scharwerksdienste aufgehoben, dafür mußten die Pollnower 1200 Taler aufbringen. 1773 ging das Lehen an die Familie des Generalmajors von Wrangel über (1773-1806). 1782 hatte Pollnow 647 Einwohner. 1805 starben der Patronatsherr Friedrich Ernst von Wrangel, der einer harten Feudalherrschaft ein Ende gesetzt und die Lasten der Bürger erheblich gemildert hatte, und seine Ehefrau, sie wurden in der Pollnower Kirche (in einer Gruft) bestattet. Eine Gedenktafel erinnert bis heute an die beiden.

1819 kauften die Pollnower Bürger das Schloß und die noch bestehenden Rechte. 1831 hatte Pollnow 1113 Einwohner (2 Katholiken und 50 Juden). 1848 Einweihung des neu erbauten Pollnower Rathauses am Markt (zerstört 1945). 1852 wurde unter Beibehaltung des alten Turms bis zur Höhe seines Hautgesimses die Pollnower Stadtkirche neu erbaut. 1861 hatte Pollnow 2163 Einwohner (10 Katholiken und 97 Juden). 1864 wurde Feldmarschall Friedrich Heinrich Ernst Graf von Wrangel, ein Sohn des früheren Patronatsherrn, zum Pollnower Ehrenbürger ernannt. Bereits 1876 wurde das "Rosenfest" (Schulfest) an der Walkmühle beschrieben. Seit 1892 (bis 1916) erschien 3x/Woche die "Pollnower Zeitung und Generalanzeiger für Pollnow und Umgegend". 1897/1898 wurde die Kreiseisenbahn Schlawe-Pollnow-Sydow in der Schmalspurweite von nur 750 mm erbaut. Pollnow war nun an die Welt angeschlossen, der Tourismus konnte aufblühen. 1903 Inbetriebnahme der Staatsbahn. 1908 erhielt Pollnow elektrischen Strom. Seit 1919 erschien die "Pollnower Zeitung - Anzeigenblatt der städtischen Behörden".1912/13 Erbauung des Restaurants "Zur Großen Aussicht". 1921 Baubeginn des Pollnower Sportplatzes, fertig gestellt 1928. Im Jahre 1922 wurde zur Ehrung der im 1. WK aus dem Stadtbezirk Gefallenen oberhalb des Sportplatzes ein Denkmal aus heimischem Granit errichtet. 1926/27 Stiftung des "Turms auf der Großen Aussicht" vom jüdischen Kommissionsrat und Stadtverordneten Hermann Kohls. 1928 hatte Pollnow 3340 Einwohner. 1939 entstand der Pollnower Badesee unterhalb des Sportplatzes. Pollnow hatte jetzt 3629 Einwohner.

Das Schicksal der Stadt und ihrer Bewohner bei Kriegsende

Pollnow hatte als einzige Stadt im Regierungsbezirk Köslin Mitte Februar 1945 einen Bombenangriff.: 4-5 russische Flugzeuge warfen ca. 30 Bomben. Nur wenige Häuser wurden dadurch teilweise zerstört, aber es waren 2 Tote und einige Verletzte zu beklagen. Verteidigt wurde die Stadt zuletzt von nur 2 Kompanien (60-80 Mann) des Regiments Jatzingen sowie von einigen Trupps HJ. Trotz mangelhafter Ausrüstung wurde die Stadt 20 Stunden lang gehalten. Der Räumungsbefehl wurde - viel zu spät - am 26.2.1945 um 16.20 Uhr gegeben, als 2 km vor der Stadt bereits Kämpfe zwischen russischen Panzern und besagten Einheiten stattfanden. Große Teile der Bevölkerung jedoch konnten in diesen 20 Stunden mit der Staatsbahn, Kleinbahn und LKWs evakuiert werden, andere konnten noch zu Fuß in Richtung Schlawe flüchten. Die Wehrmacht räumte Pollnow am 27.2.45 um 13 Uhr. Durch Kampfhandlungen (hauptsächlich Artilleriebeschuß) wurden mehrere Häuser stark beschädigt, auch die Kirche. Zerstört wurde das Zentrum der Stadt jedoch erst nach Abzug der russischen Kampftruppen, indem man sie systematisch mit weißem Phosphor in Brand schoß, noch während die Bewohner in ihren Häusern waren. Sie hatten etwa 1 Minute Zeit, ihr Haus zu verlassen. Es kursieren mehrere Theorien, warum dies geschah. Die plausibelste ist die, daß Stalins Befehl der "Verbrannten Erde" kaltblütig umgesetzt wurde. Hierfür spricht, daß es anderen hinterpommerschen Städten sehr ähnlich erging. Rund 200 Häuser wurden dadurch total vernichtet, die Stadt verlor ihr pulsierendes Zentrum. Vernichtet wurden sämtliche Häuser um den Marktplatz einschließlich des Rathauses und des historischen Hotels Wrangelshof, fast alle Häuser in der Langen Straße, der Junkerstraße, der Schlawer Straße, in der unteren Schloßstraße und der Rummelsburger Straße. Bis heute hat man keinen ernsthaften Versuch des Wiederaufbaus gemacht.

Von den in Pollnow verbliebenen 30-40% der Bewohner wurde ein großer Teil in die Sowjetunion und in polnische Lager verschleppt. Sämtliche Eisenbahnschienen der Strecken Pollnow-Zollbrück-Stolp, Pollnow-Bublitz, Pollnow-Köslin und Pollnow-Schlawe mußten die Pollnower aufnehmen, sie wurden als Kriegsbeute in die UdSSR gebracht. Dadurch verkümmerte die einst florierende Kleinstadt zum Dorf. Die jetzt noch verbliebenen Deutschen wurden bis Oktober 1947 praktisch alle ausgewiesen. Heute lebt noch eine Deutsche in Pollnow, die mit einem Polen verheiratet ist.

Pollnow nach 1945

Seit 1945/46 siedelten katholische polnische und ukrainische Familien aus Ostpolen, aber auch Kaschuben aus Westpreußen in der Gegend von Pollnow. Für die verbliebenen evangelischen Deutschen fand im Oktober 1945 die letzte Konfirmation statt. Bis etwa 1958 lebten in einigen Dörfern der Umgebung noch viele Deutsche, die auf den russisch geleiteten Staatsgütern arbeiteten. Eine Welle der Zerstörung von allem, was an die frühere deutsche Besiedlung erinnerte, erfaßte Pollnow in den 60er Jahren. Erst 1973/74 konnten Deutsche, die in Pollnow geboren sind, mit dem Auto ihre Heimat wieder besuchen. Ab 1993, nach der Anerkennung der polnischen Westgrenzen und nach dem Abzug der letzten Russen aus Polen, konnte man sich wieder frei bewegen. In Anwesenheit des Altbischofs von Köslin wurde 1994 auf dem Pollnower Friedhof ein Gedenkstein eingeweiht, den in Pollnow und fern der Heimat Verstorbenen gewidmet und der erste ökumenische Gottesdienst in der Pollnower Kirche gefeiert. 1995 Bilderausstellung "Pollnow in alten Fotografien" im Pollnower Kulturhaus, Herausgabe einer begleitenden zweisprachigen Broschüre. 1996 Wiedereinweihung des Denkmals für die Gefallenen des 1. Weltkrieges oberhalb des Sportplatzes und ökumenischer Gottesdienst. Wiederanbringung des restaurierten Wappens (aus Holz) der Patronatsfamilie von Wrangel in der Pollnower Kirche. 1997 Wiederanbringung des historischen Wasserspeiers (Kopf eines Fabeltieres in hochwertiger Metall-Legierung) am Brunnen unterhalb des Sportplatzes. 1998 Einweihung der restaurierten Orgel und des restaurierten Altarbildes im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes in der Pollnower Kirche. Den feierlichen Abschluß bildete ein Konzert auf den nun wiederhergestellten 140 Jahre alten Orgel aus der Werkstatt des Orgelbauers Völkner in Dünnow, Kreis Stolp. Mitte Juli 1999 besuchte der Pommersche Kreis- und Städtetag Pollnow. Im Juni 2000 4. ökumenischer deutsch-polnischer Gottesdienst in Pollnow. Zusammen mit den heute dort lebenden Polen wurde das traditionelle "Rosenfest" (Blumenfest) wieder gefeiert. Die Pollnower führten das "Taubenstechen" wieder ein. Der Stadtbibliothek wurden deutsche Publikationen über Pollnow übergeben. Seit Ende Juni findet 2 Monate lang im Kulturhaus die Foto-Ausstellung (3 deutsche und 1 polnischer Fotograf) "Pollnower Erde heute" statt. Pollnow knüpft zur Zeit Kontakte zur Stadt Gedern in Hessen und strebt eine Städtepartnerschaft an.

Jürgen Lux
Literatur: 1. Was eine ostpommersche Kleinstadt erzählt. Verlag Leon Sauniers Buchhandlung Stettin (1939) von Koglin und Beyersdorff. 2. Aus der Heimat Pollnow, Jahrbücher 1990, 1991, 1992, 1993/94, 1995 und 1998, herausgegeben von der Heimatgruppe Pollnow, bearbeitet von Jürgen Lux. 3. Polan?w w starych fotografiach - Pollnow in alten Fotografien, Herausgeber KADR Köslin 1995, von Jürgen Lux.


Letztes update: 14.08.2005